Am Wochenende vom 16. & 17. Juni 2023 gelang Florian Anklin mit Copilot Patrick Misun der erste 1000 km Flug ab Dittingen. Einen Tag später legte Pascal Jermann mit einem weiteren Flug über die Traummarke von 1000 km nach.
Bereits ab Wochenmitte versprachen die Wettermodelle hervorragendes Segelflugwetter für Freitag und Samstag im Jura und im süddeutschen Raum. Es sollte sich bereits am Vormittag Thermik entwickeln, am Abend prophezeiten die Modelle ein spätes Thermikende. Begünstigend kommt hinzu, dass die Tage sehr lange sind und die Böden recht trocken. Damit ein solcher Flug gelingen kann braucht es also rund 10 Stunden Thermik und damit eine notwendige Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 100 km/h. Hier die Berichte der beiden Piloten – viel Spass beim Lesen:
Flugbericht von Florian und Patrick:
Bereits zu Beginn der Woche zeichnete sich ab, dass evtl. Donnerstag, Freitag oder Samstag ein Tausender ab Dittingen möglich sein könnte. Freitag konnte ich es mir einrichten. Toptherm PFD 740km und ein Thermikbeginn bereits um 10:00 LT. Das an einem der längsten Tage könnte für 10h Flugzeit reichen.
Der Plan war, wenn möglich den Jura mit allen verfügbaren Schenkeln ausreizen und so evtl. den ersten Tausender als wildes Jojo ab Dittingen zu fliegen.
Um 09:00 steht "AA" flugbereit am Startplatz und Patrick Misun trifft auch ein.
Nun noch kurz 2 ASH26 aufbauen und um 09:59 heben wir ab.
Bis zur Hohen Winde ist die Luft noch sehr ruhig aber gleich danach können wir schon ohne Motorhilfe mit 2m/s und dank Basler Freigabe bis auf 2'100m steigen. Wir sind überrascht von der Basishöhe und den Steigwerten um diese Uhrzeit, fliegen aber noch eher defensiv vor. So erreichen wir Nantua um 12:05LT mit einer Schnittgeschwindigkeit von 100km/h.
Wir hoffen, dass die Bedingungen eher noch besser werden, sonst dürfen wir uns keine Fehler erlauben.
Zurück durch den Jura geht’s doch schon ein bisschen besser, jedoch überzeugt uns der Jura noch zu wenig und der Übergang in den Schwarzwald sieht machbar aus. Dank Freigaben von Basel und Zürich kommen wir auf 2'300m komfortabel über Hütten an.
Die Steigwerte sind auf Fuente-Niveau jedoch finden wir keine so richtig gut tragende Linie. So können wir die über 3m/s mehrmals über tausend Höhenmeter am Stück geniessen.
Ostwärts entlang dem Donautal erleben wir die besten Bedingungen des Tages. Wir können schnell vorfliegen und so unseren Schnitt wieder auf 110km/h hochdrücken.
Kurz nach Ulm war es von Norden her abgedeckt und wir entschieden uns zu wenden, mit dem Wissen, dass wir so noch 50km den Jura runter Fliegen müssen um die Tausend zu knacken. Die Tragende Linie zu finden erwies sich wieder als schwierig, so mussten wir uns teilweise von relativ tief wieder nach oben kurbeln. Und ich glaubte zeitweise nicht mehr, dass die Zeit reicht. Zusammen mit dem Wiedereinstig in den Jura, der sich doch als recht schwierig gestaltete hatten wir auf diesem Schenkel nur einen 80er Schnitt.
Am Fringeli dann endlich ganz langsam auf 1'750m steigen. Anschliessend südlich von Courrendlin um 18:45LT auf 1'250m mit einem Nullschieber hochkämpfen. Investierten wir eine Dreiviertelstunde bis wir endlich am Chasseral auf 2'700m kamen und unser Ziel wieder realistisch war.
Nun hiess es ca. 8km geradeaus in die tote Luft gleiten bis der Endanflugrechner uns die 1'000km "OptHome" anzeigte. Leider konnten wir noch nicht jubeln da wir nun nach 9:30h Flugzeit noch über 50km nach Hause gleiten mussten.
Unsere gewählte Linie war gut, die Ankunftshöhe nahm langsam zu und wir wussten bald, es müsste reichen. Ein Stimmungsbild Richtung Sonne, ein Selfie und ein durchaus lauter Jubelschrei durften da nicht fehlen. Dank einer weiteren Freigabe konnten wir unsere übrige Höhe noch bis an die CTR ausfliegen und die Flugdistanz so auf 1'012km maximieren.
Nach der Landung erwartete uns bereits ein Bier und der Arcus war in Rekordschnelle abgebaut um danach mit einer kleinen Verspätung an der Generalversammlung teilnehmen zu können.
Nach über 10 Stunden in der Luft mit einem Schnitt von 103km/h war es teilweise doch eher schwierig und ich bin froh waren wir zu zweit. Vielen Dank hiermit noch an Patrick Misun, fürs mitkommen, motivieren, Mücken putzen und aushalten.
Link zum Flug von Florian und Patrick
Flugbericht von Pascal:
Vorbereitung:
Schon seit geraumer Zeit beschäftige ich mich mit der Idee 1000 km ab Dittingen zu fliegen. Dass es möglich ist haben in Vergangenheit schon einige Piloten mit Flügen ab Grenchen, Langenthal, Courtelary oder Yverdon gezeigt. Nun schien sich das passende Wetter auf das Wochenende abzuzeichnen – die Prognosen waren bereits 2 Tage im Vorfeld sehr konsistent und zeigten nur wenig Veränderung zwischen den einzelnen Rechenläufen. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Prognose zuverlässig ist. Da ich unter der Woche kaum Zeit habe, habe ich auf den Samstag gesetzt und am Donnerstagmittag mal eine Aufgabe über 1000 km im Prognosetool rechnen lassen. Etwas überrascht nahm ich zur Kenntnis dass dies gar mit etwas Reserve möglich sein soll. Mal noch zurückhaltend berichtete ich Regina von meiner Idee. Sie nahm es etwas ungläubig zur Kenntnis.
Am Abend habe ich Sebastian geholfen sein Flugzeug zu demontieren und beiläufig gefragt, ob er vielleicht am Samstagmorgen um 07.00 Uhr Zeit hätte mir bei der Montage zu helfen. Ohne Zögern hat er zugesagt. Definitiv würde ich ihm am Freitag Bescheid geben. Dann ab nach Hause und die Gruppenversammlung vom Freitag vorbereiten.
Der neuerliche Modelllauf vom Freitagmorgen festigte dann mein Vorhaben. Also Sebastian bestätigen und Joël betreffend frühem Schlepp kontaktieren. Auch von ihm kam prompt die Zusage und wir haben Startbereitschaft um 09:00 Uhr vereinbart, was auch dem Thermikbeginn in der Prognose entsprechen sollte. Nochmals herzlichen Dank euch beiden für den Beitrag zum Gelingen dieses Fluges.
Vor der Gruppenversammlung dann die definitive Aufgabe festgelegt, Flugplan aufgegeben, Notam’s gecheckt und alles Material bereit gemacht. Zu Beginn der Gruppenversammlung dann die Landung von Florian und Patrick mit der Meldung dass sie die 1000 «voll gemacht» hätten – der erste 1000 km Flug ab Dittingen war im Trockenen. Herzliche Gratulation euch beiden!
Nach der Versammlung habe ich mich dann noch mit Patrick unterhalten um zu checken ob meine Überlegungen in die richtige Richtung gehen – soweit alles ok. Schnell machte meine Idee dir Runde und es gesellte sich noch Heiner Scherrer für einen frühen Start am Samstagmorgen hinzu.
Der Flug(tag):
Am Morgen 05.30 Uhr aus den Federn, Morgenessen, ein letzter Blick in die Prognose – immer noch so wie die letzten Tage - Flugdeklaration hochladen – Let’s go!
Flugzeugmontage, Wassertanken, etc. alles nach Plan – 09.00 wie geplant startbereit. Ca. 09.05 erste Cumulus Fetzen am Raimeux, Start um ca. 09.15. Ein erster Blick, noch im Schlepp, in den Jura war vielversprechend, entwickelten sich doch bereits diverse Cumuli.
Nach dem Klinken die erste Thermik zentrieren (ging schon mit ca. 1 - 1.5 m/s nach oben), gefolgt von einem kurzen Motorcheck. Danach gleich über die Startlinie um keine Zeit zu verlieren. Der erste Schenkel den Jura runter verlief recht gut, wenngleich nicht alle Wolken funktionierten. Mein Schnitt war mit ca. 91 km/h bereits höher als prognostiziert, was mich zuversichtlich stimmte.
Wie sich herausstellte war ich ca. 20 bis 25 Minuten zu früh bei der ersten Wende. Die Luft Richtung Wende war sehr ruhig und Cumulusbewölkung gab es auch noch keine. Ich entschied mich ca. 10 km vor der ersten Wende mit genügend Höhe zu wenden, damit ich mich nicht tief irgendwo rausbasteln musste und unnötig Zeit verlor. Rückblickend die richtige Entscheidung, wenngleich ich die deklarierte Aufgabe abschreiben musste.
Auf dem Weg nach Nordosten baute dann das Wetter richtig auf und ich konnte ein Stundenmittel von über 135 km/h erreichen. Das gab mir etwas Zeitreserve für die Rheintalquerung Richtung Schwarzwald. Zu meinem Erstaunen waren auch die Tangoräume welche der Flughafen Basel-Mulhouse für die Südanflüge benötigt für einmal nicht aktiv und ich konnte bis Schupfart Vollgas geben. Der Einstieg in den Schwarzwald war problemlos, durch den Vorsprung auf den Zeitplan konnte ich mir hier etwas mehr Zeit nehmen. Ab dem Schluchsee dann wieder hervorragendes Wetter mit einer Wolkenuntergrenze > 3'000 m/M. Ab hier hatte ich einen sehr guten Lauf, die Dinge fügten sich zusammen. Kurz vor Donauwörth begannen die Wolken etwas breit zu laufen, die Abschattungen wurde grösser und die Steigwerte schwächer. Ich entschied mich hier zu wenden. Um die 1’000 km voll zu machen muss ich dann bis ca. zur Vue des Alpes fliegen. Aufgrund der Prognose für den Jura sollte das möglich sein.
Auf dem Rückweg dann etwas Gegenwind und entsprechend langsamerer Schnitt. Ab Ulm bis ca. Mengen musste ich mich etwas pushen, damit ich nicht die Pace verlor. Im Funk häuften sich Meldungen, dass der Schwarzwald blau sei (also ohne Quellwolken) und von Westen langsam ein Cirrenschirm aufzog, welcher die Thermik zum Erliegen bringe. Ein Blick ins Satellitenbild bestätigte dies und ich begann mir Gedanken zu machen ob es noch zurück in den Jura reichen würde. Aber noch hatte es Wolken und ich konnte gut vorwärts Fliegen. Bei Tuttlingen sah man dann bereits etwas Richtung Schwarzwald, so wie es ausschaute hatte es im Südschwarzwald noch Wolken – also alles gut.
Beim Schluchsee konnte ich nochmals bis auf gut 2'900 m/M aufdrehen, somit war ich im Gleitbereich vom Flugfeld Olten – der Anschluss im Jura sollte also auch ohne Thermik bis dorthin zu schaffen sein. Nochmals den Flügel von Mücken befreien und dann gleiten. Von weitem konnte ich Wolken Richtung Jura ausmachen, war mir aber nicht sicher wo sie genau standen. Je näher ich dem Jura kam umso grösser die Gewissheit, dass die Wolken irgendwo beim Belchen wieder beginnen würden. Es entwickelten sich dann bereits vorher ein paar kleine Fetzchen welche es erlaubten den Gleitwinkel zu strecken und bis Balsthal durchzugleiten. Ich konnte mich gut unter den nun aktiven Tango-Räumen durchmogeln und mit etwas Geduld gelang auch der Anschluss ins höhere Stockwerk beim Raimeux wieder. Ab hier sah es im Jura sehr breitgelaufen aus, jedoch schien von Nordwesten noch die Sonne rein. Zusammen mit dem vorherrschenden leichten West- bis Nordwestwind müsste also auf der Nordwestseite der Wolkenwurst noch Thermik zu finden sein. Ein weiterer Aufwind am Moron mit ca. 1.5 bis 2.0 m/s bis auf ca. 2'900 m/M bestätigte meine Überlegungen.
Vorsichtig glitt ich nun der Wolkenkante entlang bis die prognostizierte Distanzanzeige zum Startpunkt > 1000 km anzeigte. Zur Sicherheit dann noch ein paar Kilometer drauflegen und dann ab nach Hause. Es war vollbracht!
Epilog:
Ein erster Flug über 1000 km ist geschafft, und damit auch die Gewissheit erreicht, dass ich es fliegen kann. Damit meine ich nicht nur «handwerklich» sondern vor allem mental. Natürlich ist es schade den deklarierten Flug abgebrochen zu haben - aber hey - das ist mein erster Flug über diese Distanz. Das gibt mir eine grosse innere Zufriedenheit und Zuversicht, in Zukunft auch einen deklarierten Flug für das FAI-Diplom erreichen zu können, zumal die geplanten Wendepunkte (mal abgesehen vom zu frühen Erreichen von Wendepunkt 1) gut zur Wetterlage resp. zur Position der schnellen Linie gepasst hätten.
Ich bin gespannt was die Zukunft bringt und freue mich auf weitere Herausforderungen dieser Art.